Mastering the NEW: Unternehmenskultur virtuell stärken.
„Wer will, dass die Welt so bleibt, wie sie ist, will nicht, dass sie bleibt.“ (Erich Fried)
Das „Old Normal“ neigt sich seinem Ende zu, auch wenn die Politik gerade hunderte Milliarden ins System pumpt, um es am Leben zu erhalten. Sie tut das, obwohl wir wissen, dass das Alte weder nachhaltig noch ideal war. Das ist eine der vielen Paradoxien, mit der wir zurzeit leben müssen. Andererseits ist unbestritten, dass am „New Normal“ kein Weg vorbeiführt – aber woran wird es liegen, wer am Ende als Gewinner oder Verlierer aus diesem Transformationsprozess hervorgeht? Die Antwort könnte lauten: Erfolgreich wird sein, wer verstanden hat, dass Veränderung zum “New Normal” gehört und wer sich darum selbst verändert.
Seit der Gründung des Bureau of Communication (BoC) arbeiten wir in dem Wissen, dass es ein „New Normal“ geben muss und wird. Das spiegelt sich nicht nur in unserer eigenen Organisationsform wider, die flexibel und weitestgehend immun gegen Corona-bedingte Shutdowns ist. Wir fragen uns vor allem, wie man Unternehmen bestmöglich dabei unterstützen kann, die eigene unternehmerische Zukunft aktiv zu gestalten, anstatt sich laufend Veränderungen unterwerfen zu müssen.
„Mastering the New“ nennen wir unseren Ansatz und wir unterstützen Unternehmen, relevante Veränderungen schneller zu erkennen und anzunehmen. Im Grundsatz geht es bei so einer Transformation auch darum, Organisationen zu befähigen, zu jeder Zeit nachhaltig erfolgreich zu sein und glaubhafte, authentische Engagements an den Tag zu legen. Das Neue heißt: Unternehmen werden zu Vorreitern in dem, was möglich ist und geben einen Kurs vor, der auch gesellschaftliches und soziales Wohlergehen ermöglicht.
Die Pandemie war und ist aus unserer Sicht dabei ein Meteoriteneinschlag in Superzeitlupe, der massive Veränderungen mit sich bringt, die aber nicht sofort offensichtlich sind. Diese Langsamkeit wiederum gibt Organisationen und Menschen eine Art Gnadenfrist, die sich aus den Veränderungen ergebenden Chancen zu identifizieren und bestmöglich zu nützen.
Nur ein Beispiel für die anstehenden Veränderungen ist die Entstehung neuer Arbeitswelten durch Remote Work (Homeoffice), Remote Teams oder hybride Arbeit. Hybrid heißt in diesem Fall, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur mehr sporadisch in Unternehmen anwesend sind, die wiederum zu Kommunikationsräumen ohne klassische Büros werden.
Motiviert und loyal in den Wandel
Pioniere der Industrie wie etwa Fritz Henkel oder Werner von Siemens machten sich schon früh Gedanken über das Leben ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um diese „im Augenblicke großer neuer Unternehmungen“, so Siemens in einem Brief an seinen Bruder, motiviert und loyal zu halten. Das gilt auch heute. Deshalb muss sich ein Unternehmen, das zukunftsfähig und nachhaltig erfolgreich sein will, jetzt und nicht erst morgen Gedanken darüber machen, wie es seine Arbeitswelten neugestalten und für sich nützen möchte.
Am Anfang steht dabei die Erkenntnis, dass derzeit noch zu wenige Manager und Managerinnen in der Lage sind, Mitarbeiter im Homeoffice oder als Remote Teams effizient und effektiv zu führen. Das verwundert auch nicht, wurden doch über Jahrzehnte und bis vor wenigen Monaten ganze Generationen von Managern und Mitarbeitern beruflich anders sozialisiert. Die meisten kennen nichts anderes, als direkt zu führen und direkt geführt zu werden und konnten sich bis vor kurzem auch nichts anderes vorstellen. Das hat sich schlagartig geändert.
Im „Old Normal“ begründeten viele Manager ihr Selbstverständnis und ihre Existenzberechtigung durch häufige Anwesenheit im Unternehmen, persönliche Kontrolle und direkte Motivation ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie mussten weder lernen, wie man effektiv virtuell führt, noch digital motiviert. Ein Nachteil nicht nur in Zeiten dieser Pandemie, der zudem durch die digital-technologische Schwäche vieler Unternehmen noch verstärkt wird. Ein Beispiel hierfür sind die vielen amateurhaft umgesetzten virtuellen Hauptversammlungen und Bilanzpressekonferenzen der letzten Monate, auch wenn zum Teil sicherlich bewusst gespart wurde.
Positive Auswirkungen auf Produktivität, Zufriedenheit und Wohlbefinden
Es ist zwar nicht alles Gold, was digital glänzt, doch zeigen ausnahmslos alle Untersuchungen der jüngsten Zeit, dass sich die Menschen ein höheres Maß an zeitlicher und räumlicher Flexibilität wünschen. Und räumliche Flexibilität kann nur auf digitalem Weg erreicht werden. Umfragen aus Europa, den USA und Asien belegen wiederum durchgehend Produktivitätssteigerungen und Kosteneinsparungen. So zeigten beispielsweise Analysen der Terminkalender von US-amerikanischen Managern schon vor der Pandemie, dass diese im Schnitt nur mehr sieben Stunden pro Woche ungestört an inhaltlich relevanten Managementthemen arbeiteten. Den Großteil ihrer Zeit verbringen sie hingegen in (zu vielen) Meetings oder mit dem Lesen und Beantworten von (zu vielen) Mails.
Nur die Anderen müssen sich verändern
Einer der erfolgreichsten Aufsichtsräte Deutschlands hat einmal postuliert, dass jede Zeit (in einem Unternehmen) ihr eigenes Management benötigt. Diese Aussage konsequent weitergedacht, bedeutet, dass neue Arbeitswelten nicht unbedingt neue, aber andere Manager benötigen. Solche, die virtuell führen, virtuell motivieren und digital kontrollieren können. Wer das nicht kann, dem fehlt heute eine relevante Führungsfähigkeit – ein solcher Manager ist ergo dessen genauso ungeeignet, seine Aufgabe zu erfüllen, wie eine Führungskraft, die einen PC nicht bedienen kann.
Erfahrungsgemäß sind aber jene Manager, die glauben, sich nicht ändern zu müssen, auch genau jene, die es am stärksten tun müssten, um die Sache zum Erfolg zu führen und selbst nicht zu „lame ducks“, sprich zu Bremsern einer Transformation, zu werden. Andererseits zeigt sich auch, dass die meisten Manager kaum wirklich veränderungswillig und veränderungsfähig sind und oft nur dann, wenn ihnen das Wasser bis zum Hals steht. Kurzfristig lässt sich Verhalten zwar durch mehr Geld oder mehr Status verändern, aber das ist nicht nachhaltig. Auch klassisches Training reicht nicht aus, um Denkgewohnheiten zu verändern. Die Menschen sind keine dressierbare Rasse. Es sind Individuen mit individuell ausgeprägten Sichtweisen, Bedürfnissen und Verhaltensweisen.
Organisationen verändern sich grundsätzlich
Aus diesem Grund muss sich in jeder Organisation zuallererst ein neues Bewusstsein manifestieren und zwar, dass sich die Dinge wirklich und nachhaltig verändern werden. Denn wenn das Management selbst nicht an die Veränderungen und an ihren Erfolg glaubt, wer dann? Einen Mindset Change in Verbindung mit einem ergebnisoffenen Denkprozess und dem grundsätzlichen Vertrauen in das Team benötigt jede erfolgreiche Transformation.
Das betrifft sicherlich auch Remote Work, das etwa nach einer deutlich genaueren Definition der Ziele und einer umfassenderen Dokumentation aller Tätigkeiten verlangt. In vielen Change Prozessen zeigte sich, dass der Mangel an klar formulierten Zielvereinbarungen und deren genaue Dokumentation zu Ungerechtigkeiten innerhalb von Organisationen führt, wobei Remote Teams bei gleicher oder besserer Leistung tendenziell schlechter beurteilt wurden als Mitarbeiter vor Ort.
Diesem Problem begegnen wir normalerwiese mit der Einführung multidimensionaler Managementsysteme zur Definition von Zielen, Strategien und Maßnahme. Gleichzeitig kommt es damit zu einer ganz neuen Fairness gegenüber Mitarbeitern, da nur die Erreichung der Ziele und nicht mehr die Nähe zum Vorgesetzten gewertet wird.
Die Führungskraft der Zukunft muss aber nicht nur die formal-administrativen Managementaufgaben beherrschen. Sie muss auch in der Lage sein, die Kultur eines Unternehmens – die zu jeder Zeit erfolgskritisch ist – professionell virtuell auf- und auszubauen. Das erfordert kommunikative Fähigkeiten, denn die Führungskraft muss Menschen für Veränderungen begeistern können – auch virtuell.
Das heißt nicht, dass jeder Manager zu einem Movie Star werden muss – aber es kann einer Führungskraft auch nicht mehr gleichgültig sein, wie Teammitglieder seine oder ihre Kommunikation wahrnehmen. Perfomance am Bildschirm oder im virtuellen Raum muss ebenso trainiert werden wie Distance Learning und ob diese gut sind oder nicht, entscheiden am Ende die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch digitale Feedbacks in Echtzeit. Nicht umsonst baut Microsoft gerade Umfrage-Tools in seine Kooperationsplattform „Teams“ ein.
Der emphatische, menschenbezogene Manager verdrängt den Selbstdarsteller
Faktenbasierte Kommunikation ist zwar in einer virtuellen Welt besonders wichtig, aber sie ist nicht der allein bestimmende Faktor für die Moral, die Loyalität oder die Kultur von Mitarbeitern. Seit vielen Jahren wissen wir, dass gerade Mitarbeiterloyalität stark von nichtmonetären Kriterien bestimmt werden. Und je höher ein Mitarbeiter in der Hierarchie steht, desto stärker ist die Wirkung von weichen Faktoren auf ihn.
Summa summarum bedeutet virtuelle Führungskompetenz, die intellektuellen, sozialen und emotionalen Bedürfnisse von Mitarbeitern zu berücksichtigen und sie in Einklang mit den Anforderungen und Wünschen des Unternehmens und der Gesellschaft zu bringen. Das ist keine Einbahnstraße, sondern ein Geben und Nehmen.
Dafür gibt es neben den erwähnten Managementsystemen mittlerweile auch eine größere Anzahl von digital einsetzbaren Angeboten, die dabei helfen, die Leistungen von Mitarbeitern anzuerkennen und ihnen das Gefühl zu geben, ein wertgeschätzter Teil des Unternehmers zu sein. Die Lister an Angeboten wird wöchentlich länger, zumal auch immer bessere digitale und virtuelle Hilfsmittel zur Verfügung stehen.
Eine Brücke: Der hybride Mitarbeiter
Für Unternehmen und Organisationen, die noch nicht in der Lage sind, eine Unternehmenskultur nachhaltig nur virtuell aufzubauen oder wachsen zu lassen, empfiehlt sich ein hybrider Ansatz, mit dem die Anwesenheit im Unternehmen auf wenige Tage beschränkt wird. Feste Arbeitsplätze fallen dabei weg, das Unternehmen wird zu einer Art von Kommunikationszentrum. Es hat sich gezeigt, dass mit dem hybriden Ansatz zwar nicht alle Vorteile von Remote Work ausgeschöpft werden können, aber auch einige negative, sozial-psychologische Effekte wegfallen. Der hybride Weg verschafft der Organisation auch eine Verschnaufpause, die man dazu nützen kann, neue Methoden und entsprechende Verhaltensweisen zu erlernen. Langfristig betrachtet wird aber auch der hybride Mitarbeiter virtuell werden.
Zusammenfassung
Wer sich jetzt mit dem „New Normal“ auseinandersetzt, wer den Mut hat, alte Zöpfe abzuschneiden und neue Wege zu gehen, wird schneller lernen als seine Wettbewerber und so reüssieren. Dazu müssen Mitarbeiter, aber auch Manager, aus starren Systemen befreit werden. Das ist nur der erste und wahrscheinlich leichteste Schritt, aber es ist auch der Beginn, aus einem normalen Unternehmen eine „Purpose Driven Company“ mit all ihren Vorteilen zu machen.
In der heutigen Welt hat ein effektives virtuelles Engagement eine ganz neue Dringlichkeit erhalten. Dafür müssen aber auch Manager und Managerinnen lernen, neu zu denken und sich weiterzuentwickeln. Sie müssen Mitarbeitern ihren persönlichen gesellschaftlichen Wertbeitrag digital vermitteln können. Sie Orientierung geben sowie Dinge umsetzen und sie müssen lernen, auch virtuell zu begeistern, um die intrinsische Motivation zu aktivieren. Sie müssen mehrdimensional führen, was wiederum bedeutet, intellektuelle, emotionale und soziale Komponenten zu berücksichtigen. Sie müssen ihr Bedürfnis nach Selbstdarstellung hintanstellen und ihre Kommunikation zu deutlich mehr Stakeholdern professionalisieren.
All das verlangt nach Mut. Mut, lieb gewonnene Wege zu verlassen, auch wenn sie derzeit noch breit und sicher erscheinen, denn die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass diese bald unpassierbar sein werden. Das verstehen wir unter „Mastering the New“.
Denn im Grundsatz geht es bei der heutigen Transformation darum, Organisationen zu befähigen, die eigene unternehmerische Zukunft aktiv und selbstbestimmt zu gestalten.
Wenn Sie Fragen dazu oder zu anderen Themen haben, schreiben Sie mir gerne.
Ihr Ernst Primosch
Über den Autor:
© 2020 BoC - Mag. Ernst Primosch ist Founding Partner und CEO des Bureau of Communication, eine Unternehmensberatung mit Fokus auf Kommunikation und Marken, in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Er begann seine Karriere in der Markenartikelindustrie, war in führenden globalen Managementfunktionen bei einem Fortune Global 500 tätig, führte zwei der renommiertesten Beratungsunternehmen und positionierte Marken wie Henkel. Er lehrt an Universitäten und Hochschulen. Zuletzt publizierte er das Buch „Psychologie der Marke“.